Er prägte Generationen von Geländewagen. Vor 75 Jahren  wurde er erstmals erwähnt: In der “ Washington Daily News“  erschien ein Foto mit dem “ Jeep“.

Es war nur ein kleines Militärfahrzeug, seine Bezeichnung: MB, Military Model, Variant B. Hersteller war die Firma Willys-Overland. Während der ersten Präsentation im Februar 1941 saß deren Chef-Tester Irving “ Red“  Hausmann am Steuer. Er hatte den Viersitzer im Beisein einer Journalistin am Washingtoner Parlamentsgebäude Kapitol vorgestellt und fuhr die Stufen des Hohen Hauses rauf und runter. Auf die Frage eines Passanten, was das denn für ein Auto sei, soll er gesagt haben: “ It‘ s a Jeep!“

 

Begonnen hatte die Geschichte im Jahr zuvor. Am 27. Juni 1940 bat die Heeresbeschaffungsstelle der U.S. Army 135 Fahrzeughersteller, ein wendiges, robustes und zuverlässiges Aufklärungsfahrzeug zu bauen, unter anderem mit rechteckiger Karosserie, Vierradantrieb, umklappbarer Frontscheibe, 80 Stundenkilometer schnell sowie einer Zuladung von 275 und einem Maximalgewicht von 700 Kilogramm. Angesichts der Expansionspläne der Nazis während des Zweiten Weltkrieges sollten innerhalb von nur 49 Tagen Entwürfe und ein Prototyp geliefert werden, weitere 26 Tage später 70 fertige Testwagen.

In der Kürze der Zeit ein fast unmögliches Unterfangen, zudem verfügten die meisten Produzenten über keine Erfahrungen in dem Bereich. Nur zwei Hersteller stellten sich der Herausforderung. Die kleinen Autobauer American Bantam und Willys-Overland steckten in wirtschaftlichen Nöten und ergriffen jeden Strohhalm, um ihre Firmen zu retten. Aber nur Bantam lieferte fristgerecht einen Prototypen. Auf Betreiben des US-Verteidigungsministeriums, das der Kleinfirma die Umsetzung eines derart großen Auftrags nicht zutraute, wurde die Ford Motor Company überredet, mit ins Boot zu kommen. Neben Ford bekam auch Willys den Zugriff auf Bantams Entwürfe, um die Entwicklung voranzutreiben.

Im Spätsommer 1940 lieferten alle drei Hersteller mit dem Bantam BRC, dem Willys Quad und dem Ford Pygmy ihre Prototypen. Danach sollten sie die 70 Erprobungsfahrzeuge bauen. Den Wettlauf entschied Willys für sich, da sein “ Go-Devil“  den stärksten Motor (60 PS) und günstigsten Preis (738,74 Dollar) bot. Am 23. Juli 1941 erhielt die Firma den offiziellen Auftrag zum Bau von 16.000 “ Willys MB“ , wegen nicht ausreichender Produktionskapazitäten musste sie sich die Fabrikation mit Ford teilen. Bis 1945 bauten Willys-Overland und Ford rund 360.000 Militär-Jeeps. In Deutschland war übrigens der VW-Kübelwagen (Typ 82) in Serienproduktion gegangen.

Kurz nach Kriegsende stellte Ford die Jeep-Produktion ein, Willys-Overland aber entwickelte mit dem M38 einen MB-Nachfolger, der in verschiedenen Modellreihen bis 1971 hergestellt wurde. Die erste zivile Variante namens CJ (Civilian Jeep) war bereits 1945 vom Band gerollt. Die Reihe wurde bis zum CJ-8 im Jahr 1987 fortgeführt und erst nach 1,6 Millionen Exemplaren vom Jeep Wrangler abgelöst. In manchen Ländern boten und bieten einige Hersteller in Lizenz gebaute Jeeps an.

Willys-Overland erhielt trotz einer Klage von Bantam 1950 die alleinigen Markenrechte für den “ Jeep“ . Seither wechselte die Firma mehrmals den Besitzer. Inzwischen ist Jeep eine Tochtergesellschaft der Fiat Chrysler Automobiles. Bis heute wurden mehr als 15 Millionen Jeeps produziert, auf den Willys MB und seine zivilen Varianten folgten Wagoneer, Cherokee, Wrangler und Grand Cherokee.

Wie genau es zu der Bezeichnung “ Jeep“  kam, ist unklar. Vielleicht stammte der Spitzname aus der Entwicklungsabteilung, doch da kursierten auch “ Blitz Buggy“  oder “ Puddle Jumper“  für “ Pfützenspringer“ . Dass der Armeebegriff GP für “ general purposes“ , also “ Allzweck“  –  ausgesprochen “ tschie-pie“  –  gemeint war, ist unwahrscheinlich, denn der Wagentyp war gerade für spezielle Einsatzzwecke gedacht. Andere spekulieren über die Namensherleitung aus dem Werkscode GP von Ford (G für “ government-use“ , und P als Kennzeichnung für einen Radstand von 80 Zoll). Angeblich kam Testfahrer Hausmann auf den “ Jeep“ , weil er so stolz auf sein Auto war und es nicht mit anderen Namen wie “ Bantam“  (“ Zwerghuhn“ ) verwechselt haben wollte. Jedenfalls wurde der Name zum Inbegriff für ein Geländefahrzeug. Der Jeep ist Vorreiter einer ganzen Fahrzeuggattung, “ Urvater“  aller Sport Utility Vehicles ( SUVs).

Weil der Rücktransport zu kostspielig geworden wäre, verblieben nach dem Zweiten Weltkrieg viele der 250.000 eingesetzten Jeeps in Europa. So konnten sie als Traktor und Räumgerät mit zum Wiederaufbau beitragen. Restaurierte MB-Modelle sind bis heute auf unseren Straßen unterwegs.

 

(Quelle: Freie Presse 19.02.2016)